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(Rechtshinweis)

Stand: 25. Juni 2008

Knorriges Fachwerkhaus erhält zweite Chance
Exkursionsbericht der IfR-Regionalgruppe Braunschweig/Hannover
von
Dr. Frank Schröter

 

Die Exkursion fand im Rahmen der Treffen der IfR-Regionalgruppe Braunschweig/Hannover statt. In der wärmeren Jahreszeit wird das Regionalgruppentreffen durch eine Exkursion (mit Führung) zu einem planerischen Thema eingeleitet.

 

Versteckt hinter einem Bauzaun steht es und nur wenige ahnen, welches Kleinod hier heranwächst. Zu den wenigen, die bereits den Charme dieses Gebäudes erahnen durften, gehören die Mitglieder der IfR Regionalgruppe Braunschweig/Hannover, die am 10. Oktober 2003 die Gelegenheit bekamen, das älteste datierte (ca. 1250) Fachwerkwohngebäude in Helmstedt zu besichtigen.

Versteckt hinter Bauzaun und Gerüst (vgl. Abb. 1) lässt sich derzeit nur wenig von der Pracht erkennen, die demnächst dem Markt neuen Glanz verleiht.


Abb. 1 Das Haus Markt 7

Nachdem die Stadt das Haus Markt 7 aufgekauft hat, wird das denkmalgeschützte Wohnhauses zur Touristinformation umgebaut. Hierbei sind die Aufträge größtenteils an Firmen vergeben worden, die im Rahmen des von der Stadt initiierten Seminars zur denkmalfachlichen Sanierung von Altbausubstanzen eine entsprechende Zertifizierung erhalten haben.

Das Haus Markt 7 gilt in Teilen als ältestes datiertes (ca. 1250) Fachwerkwohngebäude der Kernstadt. In der Diele ist eine seltene Putzgestaltung der Deckenbalken und Deckenspiegel zu sehen. Die Farbigkeit zeigt blaugraues Fachwerk und gebrochen-weiße Gefache mit 1-2 Begleitern ins Gefach gezogen. Teilweise wurden bis zu 70 Farbschichten übereinander gefunden.

Ein auf ca. 1244 datiertes Deckenbalkenteilstück existiert noch!

Der Kernbau stammt aus der Spätgotik (um 1491 und jünger) auf vorhandenem Keller mit in großen Teilen erhaltener, für die Region typische, Geschossständerbaustruktur mit aufgesetztem, zum Markt vorkragendem Speicherstock (vgl. Abb. 2). In der Folgezeit erfolgten mehrfache Erweiterungen des Grundrisses über alle Geschosse an den Traufwänden, zuerst Mitte 16. Jahrhundert zum Markt hin, dann über alle Geschosse gehende Erweiterung zur Rückseite in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Marktfassade ist danach mehrfach verändert worden, u.a. berichten Quellen von Arkadengängen.


Abb. 2 Querschnitt vom Haus Markt 7

Zahlreiche Zierelemente wie z. B. Treppenfriesschwelle, kerbgeschnitzte Knaggen und Balkenköpfe und Geschossstiele sind noch vorhanden (vgl. Abb. 3). Während der Sanierungsarbeiten werden die wertvollen Elemente durch Verkleidungen geschützt (vgl. Abb. 4), um später in neuem Glanz zu erscheinen.

Abb. 3 Zierelemente Abb. 4 Treppenaufgang

Das benachbarte Gebäude Markt 8 präsentiert sich im wesentlichen im Bauzustand seiner Neuerrichtung im Jahr 1908. Über einen Vorgängerbau an dieser Stelle geben der beibehaltene mittelalterliche Keller, der einmal eine bauliche Einheit mit dem Keller von Markt 7 gebildet hat, sowie die spätgotischen Bauspuren in Markt 7 Aufschluss. Es lässt sich folgern, dass der spätgotische Kernbau von Markt 7 sich mit seiner Geschossständerbauweise und dem Speicherstockwerk mindestens auch über die Parzelle Markt 8 erstreckte, wobei nicht klar ist, ob es sich um ein Einzelgebäude oder um ein reihenhausähnlich genutztes Gebäude handelte.

Im Erdgeschoss der Häuser Markt 7/8 soll die eigentliche Touristinformation eingerichtet werden, wobei sich der Haupteingangs- und Publikumsbereich im Haus 8 befinden wird. Die Obergeschosse sollen als kleine Ausstellungsräume, Tagungsräume bzw. Büros Verwendung finden.

Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Exkursion stand schnell fest, dass wir einen zweiten Termin in Helmstedt ausmachen müssen, um uns das Ergebnis der Sanierungsarbeiten anzusehen.

Im Anschluss an die Besichtigung des Fachwerkhauses hatten wir Gelegenheit auch die Stadt Helmstedt näher kennen und schätzen zu lernen. Die Sanierungsbemühungen des Stadtplanungsamtes sind im gesamten Stadtbild deutlich abzulesen und betonen den Charme dieser traditionsreichen Stadt (vgl. auch http://www.stadt-helmstedt.de/Tourismus/Stadtportrait/historisch/historisch.htm ). So weißt Helmstedt mit der Landesuniversität, der "Academia Julia", eine der ältesten Universitäten Deutschlands auf (Gründung 1576). Das Haupt- und Aulagebäude, das Juleum Novum, ein wunderschöner Spätrenaissancebau, entstand 1592 bis 1597 und wurde beeindruckend saniert. Das Juleum Novum bildete mit den zwei älteren Flügelbauten, den sogenannten Collegienflügeln (erbaut 1575/76), eine eindrucksvoll geschlossene Baugruppe der norddeutschen Architektur des 16. und 17. Jahrhunderts (vgl. auch http://www.stadt-helmstedt.de/Tourismus/Stadtportrait/bedeutsam/bedeutsam.htm ).

Dem herbstlichen Charme von kleinen Gassen in abendlichen Zwielicht konnten sich die Mitglieder der IfR-Regionalgruppe nur schwer entziehen. Die Ersteigung des Hausmannsturms (das älteste Stadttor im Land Braunschweig), der jetzt als Standesamt genutzt wird, ermöglichte uns einen schönen Überblick über die gesamte Stadt. Auch der Hausmannsturm ist ein Ergebnis der Sanierung in Helmstedt. Nachdem der Turm zunächst als Atelier eines Künstlers genutzt wurde, bietet er jetzt als Dependance des Standesamtes ein besonderes Ambiente für eine außergewöhnliche Trauung.

Beim gemütlichen Abschluss des Regionalgruppentreffens konnten wir die kulinarischen Spezialitäten der örtlichen Gastronomie kennen lernen. Auch hier bietet Helmstedt mehr, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

Ein Besuch lohnt sich also in vielerlei Hinsicht!

 


IfR-Regionalgruppe
Braunschweig/Hannover

 

Interessante Links und Literatur:

 

e-mail   f.schroeter@tu-bs.de