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Stand: 25. Jun 08

Umweltgerechte Planung neuer Siedlungsgebiete auf der Basis bereits vorliegender Informationen zur Umweltsituation
Dr. Frank Schröter

Vortrag, gehalten auf dem UVP-Kongress 1994 in Stuttgart

 

Kurzfassung

Nach Aussagen der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (BfLR) wird die Flächeninanspruchnahme für Siedlungsflächen in den nächsten Jahren wieder zunehmen. Ursachen hierfür sind eine starke Bevölkerungszunahme, verbunden mit einer intensivierten Bautätigkeit und steigende Flächenansprüche durch Wohnen und Wirtschaft. Bei der Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungszwecke müssen die Interessen des Umweltschutzes stärker als in früheren Jahren berücksichtigt werden. Diese Forderung wird z.B. in Niedersachsen durch das 1994 verabschiedete Landesraumordnungsprogramm unterstützt. Im Rahmen der beabsichtigten ökologischen Erneuerung der räumlichen Struktur des Landes soll grundsätzlich eine Raum- und Siedlungsstruktur entwickelt werden, die die Möglichkeiten zur Verringerung von Nutzungskonkurrenzen und wechselseitigen Nutzungsbeeinträchtigungen ausschöpft. Hierbei soll den Erfordernissen des Umweltschutzes bei Nutzungskonflikten Vorrang eingeräumt werden, wenn die Gesundheit der Bevölkerung oder die natürlichen Lebensgrundlagen gefährdet sind.

Dem Flächennutzungsplan (FNP) kommt bei der Lösung von Nutzungskonflikten eine besondere, richtungsweisende Aufgabe zu, da er die unterschiedlichen Nutzungsansprüche an den Planungsraum für das gesamte Gemeindegebiet ordnet und koordiniert. Aufgabe des FNP ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke vorzubereiten, hierzu gehört auch die Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt und der Schutz und die Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen, d.h. die Umweltvorsorge. Flächenbezogene Umweltvorsorgebelange müssen in die Planung eingebracht und dargestellt werden. Der FNP sollte wesentlicher Bestandteil eines Umweltvorsorgekonzeptes sein und die verfügbaren Informationen zur ökologischen Situation nutzen. Die im Rahmen der Flächennutzungsplanung unvermeidbaren Eingriffe in das städtische Gefüge sollten umweltverträglich gestaltet sein.

Am Beispiel der geplanten Neuaufstellung des FNP für die Stadt Salzgitter werden die Möglichkeiten einer umweltverträglichen Flächennutzungsplanung aufgezeigt. Ziel der Stadt Salzgitter für ihre Flächennutzungsplanung ist die Erhaltung und Verbesserung der Umweltqualität durch eine umweltverträgliche Siedlungsentwicklung. Hierbei soll sich die umweltverträgliche Siedlungsentwicklung insbesondere dadurch auszeichen, daß sie Konflikte mit anderen Nutzungen weitgehend vermeidet, d.h. eine Beeinträchtigung von Flächen mit schützenswerter Funktion sowie eine Beeinträchtigung von schützenswerten Nutzungen durch bestehende Umweltbelastungen soll vermieden werden.

In Form von Zielkriterien wurden für einzelne Nutzungen Meßgrößen (Indikatoren) bestimmt, die als repräsentativ für komplexe ökologische Sachverhalte angesehen werden können. Die Indikatoren ermöglichen Rückschlüsse auf die Funktionen die geschützt werden sollen bzw. auf die vorhandenen Umweltbelastungen die zu Beeinträchtigungen von empfindlichen Nutzungen führen können. Anhand dieser Indikatoren konnten mittels einer "raumbezogenen Empfindlichkeitsanalyse" die Flächen bestimmt werden, die ein Konfliktpotential aufweisen. Zum Erhalt der städtischen Entwicklungsvielfalt ist es jedoch notwendig, die Flächen anhand des Konfliktpotentials und der Indikatoren in sogenannte "Tabuflächen" und "Flächen mit hohem Risiko" einzuteilen. Die "Tabuflächen" schließen aufgrund ihrer hohen Empfindlichkeit bzw. der vorhandenen hohen Umweltbelastung eine weitere Siedlungsentwicklung weitgehend aus. Bei den "Flächen mit hohem Risiko" kann in Abhängigkeit von ihrer Beeinträchtigungsempfindlichkeit im Rahmen der planerischen Abwägung eine Inanspruchnahme der Flächen (ggf. mit zusätzlichen Schutzmaßnahmen) erwogen werden. Die Höhe der Beeinträchtigungsempfindlichkeit wurde durch die Überlagerung der ökologischen Flächenansprüche bestimmt. Hierbei wurden die schützenswerten Funktionen anhand ihrer ökologischen Bedeutung gewichtet.

Das oben beschriebenen Vorgehen ermöglicht es, auf der Basis bereits vorliegender Informationen zur Umweltsituation:

  1. die Flächen zu bestimmen, bei denen es bei einer baulichen Nutzung zu Konflikten mit für den Umweltschutz wichtigen Funktionen kommen wird

  2. das vorhandene Flächenpotential für eine, aufgrund der derzeitigen (Umwelt)Datenlage, konfliktfreien Siedlungstätigkeit zu bestimmen

  3. geplante Baugebiete hinsichtlich ihres ökologischen Konfliktpotentials zu bewerten und die Reihenfolge für die Verwirklichung der Planungen zu bestimmen

  4. die Flächen zu bestimmen, für die vor einer baulichen Nutzung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden sollte

  5. Handlungshinweise für den Umweltschutz zu geben, z.B. bei unzureichender (lückenhafter) Vernetzung von Biotopen

  6. Defizite bei (Umwelt)Daten zur Beurteilung der Umweltsituation aufzuzeigen.

Der Vorteil der beschriebenen Vorgehensweise liegt in der kostengünstigen Nutzung bereits vorliegender Informationen zur Umweltsituation. Durch die Aufbereitung und Nutzung der Informationen für die räumliche Planung können die knappen finanziellen Mittel der Gemeinden für die Untersuchung der ermittelten Konfliktflächen und die Schließung der Informationslücken bei den Umweltdaten eingesetzt werden. Im Interesse der Umwelt können Flächen mit Nutzungskonflikten von einer weiteren Siedlungsentwicklung ausgeschlossen werden.

 

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